Achtsamkeitstraining für Studenten: Besser durch den Studienalltag

Verfasst von: Kerstin Lakits, 18.08.2022

Multitasking wird in unserer Gesellschaft oft bewundert. Während des Frühstücks Emails beantworten, am Weg zur Uni die Hausübung fertigmachen und während eines Telefonats mit deinem Bestie nebenbei die Einkaufsliste schreiben. Studenten haben viel zu tun und sind oft gestresst. Alles gleichzeitig zu machen kann auf Dauer aber gefährlich für die Gesundheit sein. Wir zeigen dir heute, wie du diesem Dauerstress in unserer schnelllebigen Gesellschaft mit Achtsamkeit entkommen kannst und welche Vorteile mehr Achtsamkeit in deinem Leben hat.

Was bedeutet Achtsamkeit?

Das Prinzip der Achtsamkeit kommt aus dem Buddhismus. Der zentrale Gedanke ist, dass du bewusst im Moment lebst und dich auf deinen körperlichen und emotionalen Zustand fokussierst. Du gewinnst dadurch etwas Abstand von deinen Emotionen, Reaktionen und deinem Alltag, wodurch du sie neu bewerten kannst. Auch in der Medizin findet Achtsamkeit Anwendung. Der Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn hat die MBSR – Mindfulness Based Stress Reduction (Stressreduktion durch Achtsamkeit) vom buddhistischen Achtsamkeitstraining abgeleitet.

Vorteile von Achtsamkeit

Ein achtsameres Leben hat unglaublich viele Vorteile für deine Gesundheit und dein alltägliches Leben. Die positiven Effekte machen sich bereits nach relativ kurzer Zeit, etwa nach 2 Monaten bemerkbar.

1. Stressbewältigung

Besonders gegen Ende des Semesters, wenn sich die Prüfungen häufen, kann der Stress schnell überhandnehmen. Dein Körper schüttet vermehrt Cortisol und Adrenalin, zwei Stresshormone, aus. Zu viel Stress wirkt sich negativ auf deine Stimmung, deine Konzentrationsfähigkeit und deine Motivation aus. Das kann dich zusätzlich belasten und deine universitären Leistungen beeinträchtigen. Achtsamkeitstraining kann Langzeitstress um etwa 25% reduzieren.

2. Leistungsfähigkeit des Gehirns

Dass Multitasking ein Mythos ist, ist inzwischen wissenschaftlich belegt. Unser Gehirn kann nie zwei Tätigkeiten gleichzeitig ausüben, sondern wechselt schnell zwischen den beiden Aufgaben hin und her. Das verbraucht irrsinnig viel Energie und ermüdet unser Gehirn. Wenn du dich nur auf eine Aufgabe konzentrierst, arbeitet dein Gehirn effizienter und schneller.

3. Gedächtnis

Achtsamkeitstraining hilft deinem Gedächtnis und stärkt dein Arbeitsgedächtnis. Dadurch kannst du deinen Vortragenden besser folgen und tust dir leichter beim Lernen für Prüfungen. Du hast Schwierigkeiten beim Lernen? Hier findest du noch weitere Tipps für schnelles Auswendiglernen!

4. Konzentration

Durch Achtsamkeitstraining lernst du, dich nicht von abschweifenden Gedanken ablenken zu lassen. Dadurch kannst du dich besser auf die Vorlesung konzentrieren und effektiver Lernen. Hier findest du mehr Informationen zu Mind Wandering!

5. Emotionen regulieren

Leidest du unter Prüfungsangst oder wirst schnell nervös bei Referaten? Dann kann auch hier Achtsamkeit der Weg der Besserung sein. Durch Achtsamkeitstraining lernst du, Abstand von deinen Emotionen zu nehmen und diese „von außen“ ohne Bewertung zu beobachten. Hier findest noch weitere Tipps gegen Prüfungsangst!

6. Interpersonelle Beziehungen

Achtsamkeit und die damit einhergehende Entspannung und Ruhe erleichtern auch das Zusammenleben mit deinen STUWO Mitbewohner*innen und Zusammenarbeiten mit Studienkolleg*innen. Du bist dadurch nicht nur ruhiger, sondern auch präsenter mit anderen Menschen.

7. Darmgesundheit & Essverhalten

Unaufmerksames und zu schnelles Essen kann für zahlreichen Magen-Darm-Beschwerden sorgen. Wenn du alle Ablenkungen wie Handy, Fernseher, etc. abschaltest und dich bewusst auf dein Essen konzentrierst, nimmst du dir mehr Zeit für dein Essen, genießt somit jeden einzelnen Bissen und bist schneller satt.

Wie praktiziere ich Achtsamkeit?

Achtsamkeit zu praktizieren ist gar nicht so einfach. Du nimmst dir vor achtsamer zu sein, doch dann triffst du auf den Alltagsstress und endloslange To-Do-Listen und schon ist jede Ruhe dahin. Genau deshalb solltest du mit kleinen Übungen anfangen, die du immer wieder in deinen Alltag einbauen kannst. So summieren sich diese kleinen Momente der Achtsamkeit und führen dich zu einer achtsameren Lebensweise. Hier sind 5 Achtsamkeitsübungen, die du schnell und einfach ausprobieren kannst!

Übung #1: Innehalten

Halte für einen Moment inne. Nimm dir eine Minute Zeit, um stehenzubleiben oder dich hinzusetzen. Achte auf deinen Atem und lass bewusst deine Schultern locker. Welche Sinneseindrücke hast du in diesem Moment? Ist es heiß oder kalt, laut oder leise? Wo bist du gerade? Was siehst du? Wie geht es dir in diesem Moment? Das bringt dich zurück ins Hier und Jetzt.

Für mehr Achtsamkeit in deinem Tag kannst du dir z.B. Erinnerungen auf deinem Handy einstellen, damit du nicht aufs Innehalten vergisst.

  • Ideal für: Entschleunigung am Weg in die Uni, zur nächsten Vorlesung oder am Heimweg

Übung #2: Auf den Atem fokussieren

Dein Körper bietet dir das ideale Werkzeug, um dich in die Gegenwart und aus deinen Gedanken zu holen: deinen Atem. Entspanne deinen Körper und achte auf deine Atmung. Atmest du eher in den Brustbereich oder in den Bauch? Atmest du durch die Nase oder den Mund? Du kannst auch deine Atemzüge zählen. Einatmen = 1, Ausatmen = 2 und so weiter. Bei 10 fängst du von vorne an.

Du wirst merken, dass die Gedanken leiser werden, dein Herzschlag langsamer wirst und sich dein Körper entspannt. Das Beste daran ist, dass du diese Übung immer und überall machen kannst.

  • Ideal für: kurze Ruhephasen in der U-Bahn, im Aufzug, im Hörsaal…

Übung #3: Meditation

Meditieren hat unzählige Vorteile für deine mentale und körperliche Gesundheit, denn dein Körper und dein Geist kommen zur Ruhe. Schon 10-20 Minuten täglich erhöhen deine Lebensqualität.

Finde eine bequeme Position, du kannst sitzen oder liegen. Lass deine Muskeln locker, schließe die Augen und konzentriere dich auf deinen Atem. Wenn deine Gedanken abschweifen, lass sie los und komme zurück zu deiner Atmung. Wenn du gerne eine geführte Meditation hättest, findest du unzählige Videos im Internet.

Hier findest du außerdem weitere Tipps für Meditationsanfänger*innen!

  • Ideal für: einen fokussierten Start in den Tag vor der Uni oder um deinen Tag ruhig zu beenden.

Übung #4: Tee-Meditation

Probiere doch mal eine Tee-Meditation aus? (Natürlich kannst du daraus auch eine Kaffee-Meditation machen). Mach dir eine Tasse deines Lieblingsgetränks. Entscheide dich dabei bewusst für eine bestimmte Tasse, beobachte wie das heiße Wasser, den Teebeutel tränkt und sich das Wasser verfärbt. Dann setz dich hin, spüre die Tasse in deinen Händen und trinke deinen Tee bewusst. Wie schmeckt der Tee? Ist er heiß? Riecht der Tee gut?

Das Wichtige bei dieser Übung ist, dass du deinen Tee ohne Ablenkungen trinkst. Kein Smartphone in der Hand, kein Fernseher im Hintergrund oder nebenbei Lesen.

  • Ideal für: eine Pause zwischen zwei Vorlesungen

Übung #5: Yin-Yoga

Wenn du etwas mehr Zeit hast, kannst du nach der Uni eine tiefenentspannende Yin-Yoga Einheit ausprobieren. Dafür musst du nicht zwingend in ein Yoga-Studio gehen, du musst auch kein erfahrener Yogi oder besonders beweglich sein. Schnapp dir eine Yogamatte, deinen Teppich oder eine andere weiche Unterlage. Im Internet findest du zahlreiche gratis Yoga-Übungen.

Bei Yin-Yoga geht es vor allem darum, sich seines Körpers bewusst zu werden. Daher gibt es hier langsame Bewegungen und viele Pausen, in denen du dich nur auf deinen Atem und deinen Körper fokussierst.

  • Ideal für: Tiefenentspannung nach der Uni

Hilfsmittel

Apps für mehr Achtsamkeit

Die „Achtsamkeitsbewegung“ ist bereits im digitalen Zeitalter angekommen. Das zeigt sich mitunter an den zahlreichen Apps im Playstore. Zum Beispiel:

Digital Detox

Oder wie wär’s, wenn du einfach mal ein bisschen Abstand von deinem Smartphone nimmst? Neue Nachrichten, Emails und diverse Social-Media-Plattformen sind Ablenkungen, die uns immer wieder in die digitale Welt ziehen. Schnell hängen wir an den Geräten, obwohl wir das gar nicht wollten. Lass dein Handy doch mal ausgeschaltet oder geh mal ohne Handy aus dem Haus.

Tagebuch & Journal

Manchmal hilft es seine Gedanken auf Papier zu bringen, um diese zu entschleunigen. Dein Journal kann auch eine Möglichkeit sein, zu überprüfen wie es dir gerade geht, wo du im Leben stehst und wohin du in der Zukunft gehen möchtest.

  • Was war ein Moment der Freude oder Schönheit, den du heute erlebt hast?
  • Wie möchtest du dich am Ende des Tages fühlen? Was kannst du tun, damit du dich so fühlst?
  • Wie kannst du heute Achtsamkeit in deinen Tag integrieren?

Auf Pinterest und Co. findest du mehr Journal Prompts (Anregungen oder Fragen für Tagebucheinträge) zu allen möglichen Themen.

Morgenroutine

Wenn es dir schwerfällt, Achtsamkeit in deinen Tag zu integrieren, kannst du auch versuchen bereits achtsam in deinen Tag zu starten. Mit einer Morgenroutine ist es einfacher, Platz für Achtsamkeit zu machen. Je nachdem wie viel Zeit du in der Früh hast, kannst du Achtsamkeitsübungen oder andere Rituale, die dich erden, in deine Morgenroutine integrieren. Hier findest du Ideen für eine gelungene Morgenroutine!

FAQs

Wie führe ich ein achtsameres Leben?

Ein guter Start sind die oben genannten Achtsamkeitsübungen. Mit diesen vielen kleinen Momenten des Innehaltens verwandelst du deinen hektischen Studentenalltag in ein bewussteres Leben. Such dir einfach eine Übung und fange an. Der Rest kommt mit der Zeit.

Was ist der Unterschied zwischen Achtsamkeit und Meditation?

Achtsamkeit ist ein Konzept, nach dem du dein Leben ausrichtest. Sprich, du fokussierst dich darauf und machst gezielt Übungen. Meditation ist eine dieser Achtsamkeitsübungen.

Wie lange brauche ich, um Achtsamkeit zu lernen?

Neue Angewohnheiten und Fähigkeiten eignen wir uns nicht über Nacht an. Das muss aber auch nicht sein. Mit jeder Übung und jedem Tag, an dem du mehr Achtsamkeit praktizierst, lernst du achtsamer zu leben. Anfangs musst du dir vielleicht gezielt Erinnerungen stellen, aber irgendwann wird Achtsamkeit zu einem fixen Bestandteil deines Lebens. Die positiven Effekte spürst du bereits nach 2 Monaten.

Hoffentlich war dieser Artikel hilfreich und hat dir einerseits einen Einblick in das Achtsamkeitstraining gegeben und dir andererseits konkrete Übungen und Hilfestellungen für deinen Alltag gezeigt. Mit diesen Achtsamkeitsübungen kreierst du mehr ruhige Momente, die förderlich für deine mentale und körperliche Gesundheit sind. Also, halte inne und finde Ruhe!

Du hast noch Fragen?

Gerne helfen wir dir weiter!